Berlin. Trotz der Corona-Pandemie spricht sich die Ständige Impfkommission (STIKO) weiterhin für Grippeimpfungen vor allem für Risikogruppen aus. Der Fokus in der Grippesaison 2020/21 solle “klar auf Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe liegen”, schreibt das Gremium am Robert Koch-Institut (RKI) in einer am 30. Juli veröffentlichten Stellungnahme (Epid Bull 2020; 32/33: 28–30). Als Beispiele werden Senioren und chronisch Kranke genannt. Eine Ausweitung der Empfehlung „könnte sich derzeit sogar als kontraproduktiv erweisen“, heißt es.
Hintergrund sind Befürchtungen eines möglichen Zusammentreffens der saisonalen Grippewelle mit der anhaltenden Corona-Pandemie. Die Bundesregierung will daher sogar erstmals eine Grippe-Impfstoffreserve anlegen, wie der Deutsche Bundestag Mitte Mai beschlossen hatte.
Warnung vor drohender Unterversorgung
Die STIKO stellt sich mit ihrer jüngsten Einschätzung jedoch gegen Vorschläge, die Impfempfehlung auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten. Zum Schutz der Menschen und zur Entlastung der Gesundheitssysteme sei der größte Effekt zu erreichen, wenn die Impfquoten vor allem in den Risikogruppen “erheblich gesteigert” würden, betont die Kommission. Möglichst geimpft werden sollten laut dem Papier auch Ärzte, Pflegekräfte, Schwangere und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen.
“Durch eine Ausweitung der Impfempfehlung auf die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland könnte es zu einer Unterversorgung der Risikogruppen kommen”, heißt es darüber hinaus. Laut STIKO wären „allein für die vollständige Umsetzung“ der bestehenden Impfempfehlungen etwa 40 Millionen Dosen Influenzaimpfstoff notwendig. Nach Aussagen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwarten die zuständigen Behörden für die kommende Grippesaison 2020/21 rund 25 Millionen freigegebene Impfdosen; davon sollen 4,65 Millionen Impfdosen in der nationalen Reserve vorgehalten werden.
Kontaktbeschränkungen auch gegen Grippe
Weiter hieß es, gleichzeitige Infektionen mit Corona und Grippe seien zwar beschrieben. Diese deuteten bislang aber nicht auf schwerere Verläufe für Covid-19 in Nicht-Risikogruppen hin. Schutzeffekte für die Gemeinschaft durch Impfung dieser Gruppen würden “aufgrund von kontaktreduzierenden Maßnahmen im Rahmen der Covid-19-Bekämpfung von begrenzter Wirkung” sein. So sei nach den Kontaktbeschränkungen im März die Zahl der Grippefälle sehr deutlich und abrupt gesunken.
Bislang wird der Influenza-Schutz empfohlen für Personen ab 60, Schwangere, Menschen mit Vorerkrankungen und deren Angehörige im Haushalt, Heimbewohner, sowie exponierten Personen, etwa Gesundheitsberufe. Daran orientiert sich auch die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA).
Mit Material von dpa